USA: Theorie und Praxis für den Schnellausbau - ADFC Böblingen-Sindelfingen

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Ortsgruppe Böblingen-Sindelfingen

Schnellausbau in den USA

Schnellausbau in den USA © ADFC/April Agentur

USA: Theorie und Praxis für den Schnellausbau

Im autozentrierten Verkehrssystem der USA spielte der Radverkehr bis 1990 keine Rolle. Mit den ersten Förderprogrammen wurden vor allem Planungsprozesse finanziert. Erst um 2010 wurde Radverkehrsinfrastruktur wirklich umgesetzt.

Die zunächst noch mit „traditionellen“ Methoden entwickelten Projekte erforderten, genau wie in Deutschland, lange Planungs- und Umsetzungszeiten, die auf mehrere Jahre ausgelegt waren.

Staus, tödliche Verkehrsunfälle von ungeschützten Verkehrsteilnehmer*innen und die zunehmende Klimakrise sorgten in vielen US-amerikanischen Städten für ein Umdenken. Sie ließen sich durch Schnellausbauprojekte und Vorreiterstädte in anderen Ländern inspirieren.

So nahm sich die Stadt New York Sevilla zum Vorbild und mauserte sich Ende der 2000er-Jahre zur Pionierin des Schnellausbaus in den USA.

 

Schnellausbau in USA

Mittlerweile bringen immer mehr US-amerikanische Städte Radverkehrsanlagen mithilfe von taktischen Schnellausbaumethoden in kürzester Zeit „auf die Straße“.

Die Schnellausbauprojekte (quick-build projects) sollen Komfort und Sicherheit des Rad- und Fußverkehrs unter Verwendung kostengünstiger, schnell installierbarer Komponenten erhöhen.

Kein Perfektionismus

Geplant wird mit der Erwartung, dass Projekte nach der Umsetzung noch weiter geändert werden können. Deshalb werden sie mit Materialien gebaut, die solche Veränderungen zulassen.

Besonders wirkungsvoll ist der Ansatz, durch eine Reihe schnell umsetzbarer Maßnahmen das Radnetz gezielt auszubauen und zu vervollständigen.

Quick-build bietet diverse Vorteile

  • Durch den Schnellausbau profitieren Nutzer:innen sofort von komfortablen und sicheren Fuß- und Radwegen.
  • Zugleich erlaubt es die temporäre Ausführung, Feedback und Nutzungsdaten in Echtzeit zu sammeln.

Die Daten lassen sich nutzen, um das Design des Projekts anzupassen oder dessen Akzeptanz zu bewerten. Nicht zuletzt kann quick-build Begeisterung und Unterstützung für eine dauerhafte Infrastruktur schaffen.

Geeignete Schnellausbaumaßnahmen

Um den Ausbau der Radinfrastruktur zu beschleunigen, setzen US-amerikanische Städte auf eine Vielzahl von (teilweise) taktischen Infrastrukturelementen. Denn: Sie lassen sich schnell umsetzen und sind Wegbereiter für ein dauerhaftes Design.

Als geeignete Schnellausbaumaßnahmen für das Nebennetz gelten beispielsweise Bike Boulevards (Fahrradstraßen), Verkehrsberuhigung (Tempo 30) und Fahrbahnverengungen.

Für das Hauptnetz sind Pop-up Radwege, geschützte Radfahrstreifen (teilweise als Zweirichtungsradwege) und geschützte Kreuzungen geeignete Maßnahmen.

 

Kostengünstige Elemente

Zu den verwendeten kostengünstigen und schnell einsetzbaren Elementen gehören unter anderem:

  • Farbmarkierungen
  • Verkehrsbaken
  • Kegel
  • flexible Leitpfosten
  • Armadillos (längliche, flache Protektionselemente, die u. a. in Spanien eingesetzt werden)
  • Blumenkübel
  • Betonbarrieren

Sie ermöglichen eine flexible Vorgehensweise sowie Anpassungen und Verbesserungen während der Erprobung.

Ausreichend Personal

Ausreichend Personal spielt bei Schnellausbauprojekten eine übergeordnete Rolle. Manche Städte setzen eher auf internes Personal, andere nutzen externe Expertise für die Planung bis hin zur Evaluation.

Ein weiterer ausschlaggebender Faktor sind Teamstrukturen und -leitung. Es kann beispielsweise sinnvoll sein, je ein Team für Schnellausbau- und eines für Tiefbauprojekte aufzubauen.

Zudem sollten Mitarbeiter:innen mit gezielten Workshops und Fortbildungen über Möglichkeiten des Schnellausbaus geschult werden. Ein grundlegender „Werkzeugkasten“ ist unabdingbar, um die möglichen Elemente für einen Schnellausbau im Kopf zu haben.

 

Fristen und Ziele setzen

Fristen sind zwingend notwendig, um bei der Umsetzung von Schnellausbauprojekten voranzukommen. So werden in New York im Winter Projekte entwickelt, die in wärmeren Monaten umgesetzt werden.

In vielen Städten werden ohnehin anstehende Straßenarbeiten genutzt, um beispielsweise neue Zebrastreifen oder Radverkehrsanlagen hinzuzufügen.

Um Dringlichkeit zu schaffen, sollten messbare jährliche Ziele für den erfolgreichen Abschluss von Projekten festgelegt werden.

Finanzierung

Auch in den USA finanzieren Landes- und Bundesförderungen meist Projekte mit längeren Laufzeiten. Daher stützen sich Städte auf lokale Mittel, um Antragsverfahren und budgetbedingte Verzögerungen zu minimieren.

Einige Städte in den USA nutzen staatliche Nachhaltigkeits- und Klimafonds, die es teils für Stauminderung oder bessere Luft gibt, für den Bau geschützter Radwege.

Zudem gibt es Förderprogramme für den Schnellausbau: So finanzierte die US-amerikanische Fahrradlobby People for Bikes das Green Lane Project (2012), das Big Jump Project (2017) und das Final Mile Project (2019).

Alle Projekte unterstützten finanziell und personell einige ausgewählter Städte bei dem Ausbau eines qualitativ hochwertigen und durchgängigen Radverkehrsnetzwerks.

Die Broschüre „InnoRADQuick - Schnell, innovativ und gut fürs Klima: So gelingt der fahrradfreundliche Umbau“ zeigt, wie New York City, Houston und Austin in Texas oder Memphis/Tennessee ihre Schnellbauprojekte umsetzten.

Die Broschüre lässt sich in der blauen Servicebox herunterladen.

Förderlogos InnoRADQuick

Das Projekt InnoRADQuick wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und dem Umweltbundesamt im Zuge der Verbändeförderung gefördert

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